Hallo Krümel,
ich kann dich gut verstehen. Hab es im Sommer noch einigermaßen gut weggesteckt, aber jetzt mit den Zahlen, die so hochgeschnellt sind, und auch dass man jetzt mehr drinnen sitzt, wo man sich leichter anstecken kann, macht es mir wieder mehr Angst. Das macht halt alles komplizierter, bei allem, was man tut, muss man aufpassen. Auch dass sich so viele gegen die Maßnahmen auflehnen (in manchen Fällen ja auch berechtigt, in anderen halt die ganzen Coronaleugner) und es nicht mehr so ernstgenommen wird, beschäftigt mich grade ziemlich. Ich als Kranke weiß halt, wie es ist schwerkrank zu sein, und manche Gesunde in meinem Umfeld gehen damit so naiv um oder regen sich bei anderen auf, dass sie die Regeln nicht einhalten, machen aber selber auch Sachen, die genauso verantwortungslos sind. Das widerspricht sich alles so und ich weiß im Moment nicht, wie ich damit umgehen soll. Hab mich gestern mit meiner Freundin getroffen, haben uns schon ein dreiviertel Jahr nicht mehr gesehen. Sie sieht das alles eher locker und hat mich gefragt, wie ich auf Dauer damit umgehen will. Corona wird noch lange bleiben und ich kann mich ja schlecht die nächsten Monate oder Jahre komplett einigeln. Tja, ich weiß auch nicht, wie ich das machen soll... Ich will nicht krank werden und auch nicht, dass andere, wie meine Eltern, krank werden, weil ich einfach weiß, wie beschissen das ist. Deshalb schränke ich mich selber sehr ein. Ich schränke mich im Prinzip selber ein, damit ich nicht irgendwann noch mehr eingeschränkt bin. Und andere leben fast normal weiter. Ich habe das Gefühl, es entsteht ein tiefer Graben zwischen den anderen und mir und ich fühle mich immer wieder ausgeschlossen. Auf der anderen Seite will ich auch nicht paranoid werden und komme mir schon blöd vor, wenn ich meinen Einkaufswagen desinfiziere und die anderen Leute an mir vorbei einfach so ins Geschäft marschieren.
Dass du mit den Öffentlichen zur Arbeit musst, ist blöd, da hätte ich auch voll Angst. Und so ne permanente Angst und Wachsamkeit zehrt an den Nerven. Wenn du nicht die Sprunggelenksverletzung hättest, hätte ich dich gefragt, ob ihr die Möglichkeit hättet, euch ein zusätzliches Auto zuzulegen, reicht ja ein kleines billiges. Dann könntest du zumindest ohne Kontakt zu anderen zur Arbeit fahren. Mit deiner Kollegin muss man leider "einfach" abwarten und das ist ätzend. Ich hoffe für sie und dich, dass sie nichts hat. Aber vielleicht hilft es dir, mehr auf deinen Gesundheitszustand zu schauen als auf den deiner Kollegin. Im Moment hast du keine Symptome. Das ist ja schon mal gut! Klar, es könnte noch kommen, aber die meisten kriegen von ner Infektion ja nicht mal was mit. Wenn du in Quarantäne musst, und nichts davon spürst, ist das nach zwei Wochen wieder vorbei.
Ansonsten versuche ich auch, draußen was zu machen. Hab heute Rasen gemäht und Unkraut gerupft. Das entspannt immer ein bisschen.
Ich wünsche dir, dass du bald wieder ruhiger wirst und die Angst wieder verschwindet.
Liebe Grüße, DieNeue
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